Mühleisen Orgel
Kapitän Frödden, ein nach England ausgewandertes Mitglied einer Tinnumer Familie, schenkte 1787 der Keitumer Kirche eine Orgel mit zwei Manualen, eingerichtet vom Flensburger Instrumentenbauer Jürgen H. Angel für 700 Reichstaler. Dafür wurde eine Empore eingezogen, große Pfeifen ragten in den aufgeschnittenen Dachboden hinein. Vielfach wurde die Orgel umgebaut und erweitert auf 40 Register mit 3145 Pfeifen. Die viel besuchten Konzerte ließen aber den Wunsch nach einer Orgel aus einem Guss reifen, auf der man Musik aller Epochen spielen kann.
Eine Millionenspende, die Arbeit des Förderkreises, Erlöse aus den Konzerten des Organisten Matthias Eisenberg und viele kleine und große Gaben brachten St. Severin ans Ziel. Die alte Orgel (ohne historischen Prospekt) wurde an die Stanislaus-Kirche in Posnan/Polen gegeben. Die neue Orgel wurde von der Firma Mühleisen, Leonberg, erbaut und am ersten Advent 1999 eingeweiht. Mit 4000 Pfeifen und 46 Registern ist sie die größte Kirchenorgel in Nordfriesland. Der Orgelprospekt wurde vom Bildhauer Ulrich Lindow aus Schobüll gestaltet. Er zeigt den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis.





Millionenspende brachte neue Keitumer Orgel zum Klingen
Instrument feierlich eingeweiht – Mäzen half bei Finanzierung
Pastor Giesen: „Glücksfall und Gottesgeschenk“
Von Frank Deppe
Keitum – Die Sylter Prominenten-Kirche St. Severin in Keitum – dort ließen sich unter anderem Sänger Gottlieb Wendehals und der Hamburger Star-Gastronom Rüdiger Kowalke trauen – besitzt ein neues Klangwunder: Am Wochenende wurde feierlich die neue Orgel eingeweiht, deren Anschaffung nur durch eine großzügige Spende ermöglicht wurde: Ein vermögender Gönner, der unerkannt bleiben möchte, hatte der evangelischen Kirchengemeinde eine Million Mark gestiftet.
Keitums Pastor Traugott Giessen würdigte die neue Orgel im Adventsgottesdienst als „Glücksfall und Gottesgeschenk“. Mit Werken von Johann Sebastian Bach entlockte Organist Matthias Eisenberg der Orgel die ersten Töne. Eisenberg, der vor einigen Jahren vom Leipziger Gewandhaus nach Sylt gewechselt war, gilt als einer der profiliertesten Organisten Deutschlands. Im Vorfeld der Neuanschaffung war es unter den Syltern wiederholt zu Debatten gekommen, ob eine solch opulente Orgel der kleinen Kirche wirklich zu Gesicht stünde.
Das neue Instrument finanziert sich ausschließlich aus Spenden: Neben dem spendablen Gönner – ein Sylter Zweiwohnungsbesitzer, der sich in St. Severin trauen ließ – steuerten ein Förderkreis sowie die Einnahmen der wöchentlichen Orgelkonzerte den restlichen Posten für die 1,6 Millionen Mark teure Orgel bei. Seit dem Frühsommer hatten drei Orgelbauer der Stuttgarter Orgelbaufirma Mühleisen das Instrument in dem Gotteshaus im Laufe von 9000 Arbeitsstunden aufgebaut. Orgelbauer Konrad Mühleisen: „Ausgangspunkt der Überlegungen war ein ausgewogenes Orgelwerk mit dem Duktus süddeutscher und sächsischer Orgeltradition des 18. und 19. Jahrhunderts.“
18 Kubikmeter Holz, überwiegend Eiche, wurden verarbeitet. Die 3145 Pfeifen messen von wenigen Millimetern bis zu fünf Metern und ermöglichen dem Organisten eine große Bandbreite der Orgelliteratur. Als Besonderheit wurde in dem Instrument moderne Technologie integriert: Neben der mechanischen Registertraktur steht auch eine elektronische Setzeranlage mit 999 Speicherplätzen zur Verfügung. Eine Vielzahl von Zungenstimmen wie Posaune oder Trompete verleihen der Orgel einen zusätzlichen kraftvollen Klang. Umrahmt wird der Korpus von einem Schnitzwerk des Schobüller Bildhauers Ulrich Lindow, das die zwei ineinander wachsenden Bäume des Lebens und der Erkenntnis darstellt. Die alte Orgel versieht übrigens auch weiterhin ihren Dienst: Sie steht jetzt in einer katholischen Kirche in Polen.